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Die textile Wertschöpfungskette

Von der Naturfaser bis zum fertigen Produkt

 

 

samen.pngFlachs und Leinen sind gleichbedeutende Begriffe, nur werden sie in unterschiedlichen Kontexten verwendet. Im Textilbereich wird von Leinen gesprochen, in der Landwirtschaft hingegen von Flachs. Leinen besteht übrigens aus den Fasern des Stengels der Flachspflanze, wächst auf Feldern (Leinsamen sind eine beliebte Getreidesorte) und ist eine Bastfaser (s. Abbildung 1 links). Eine Kette von biologischen und mechanischen Prozessen führen zur Gewinnung der Rohfaser in der Abfolge Röste (ausbreiten und trocknen), Brechen (knicken), Schwingen, Hecheln (kämmen).

Leinen ist einer der ältesten Textilrohstoffe der Welt und wird v.a. in Europa als hochwertiges Material für Bett-, Tisch- und Haustextilien, für Taschentücher und für Nähzwirn sowie für Damen- und Herrenoberbekleidung verwendet. Es werden Reinleinen (100 % Leinen), Halbleinen (50 % Leinen, 50 % Baumwolle) sowie Zwirnhalbleinen (50 % Leinen, 50 % Baumwollzwirn) unterschieden.

Die hervorragende Waschbarkeit dieser Naturfaser resultiert aus der Unempfindlichkeit gegen hohe Koch- und Bügeltemperaturen. Typisch für Leinen ist der ungleichmässige, leicht geflammte Garncharakter (sichtbar als Fadenverdickung).


baumwoll.pngBaumwolle (s. Abbildung 2 links) ist der weltweit am meisten gebrauchte Textilrohstoff. Diese Naturfaser wurde als erste in grossindustrieller Form verarbeitet. Baumwolle wächst an einer Staudenpflanze und ist ein Malvengewächs, von der nur das Samenhaar (wächst in der Samenkapsel direkt an den Samen) für das Herstellen der Faser verwendet wird. Die Baumwollpflanze braucht viel Wärme, weshalb sich ihr Anbaugebiet in der tropischen und subtropischen Zone befindet. Die grössten Baumwollanbieter der Welt sind USA, Indien, Afrika und der Vordere Orient. Gehandelt wird die Baumwolle an den Börsen z.B. in Bremen, Liverpool und New York. Da die Ernten wetterbedingt schwanken, verändert sich auch der Preis.


Baumwolle lässt sich leicht verspinnen, bleichen, färben, waschen und kochen. Beim Merzerisieren wird das Gewebe mit einem dauerhaften, waschfesten Glanz versehen.

spinn.pngDas grundsätzliche Spinnverfahren für Fasergarne läuft nach folgenden Prozessen ab: Das lose Fasermaterial wird maschinell gelockert und gereinigt, dann parallelisiert, anschliessend wird ein Band (Karde) gebildet, welches verstreckt (Strecke), vorgesponnen (Flyer) und anschliessend feingesponnen (Ringspinnmaschine) wird. Durch die Bearbeitung und das Spinnen entstehen unterschiedliche Baumwollgarnfeinheiten. Das fertig gesponnene Garn wird auf Spulen gewickelt und bis zur Weiterverwendung zwischengelagert. Die geläufigsten Rohstoffprovenienzen sind: Mako-Baumwolle aus Ägypten, Pima-Baumwolle aus Peru und der Baumwoll-Standard US-California aus den USA. Mako- und Pima-Baumwolle sind aus hochwertiger Baumwolle mit hoher Faserlänge, aus der feine, gekämmte Garne hergestellt werden.



Zum Einsatz kommen diese Garnspulen schliesslich in der Zettelei. Die Garnspulen werden zur Vorbereitung des Webprozesses zunächst in der Zettelei auf Zettelbäume zusammengeführt und anschliessend eingefärbt. In der Schlichterei wird das Garn ins Schlichtebad getaucht (spezielle Präparation des Fadens für höhere Reissfestigkeit) und so für das Weben vorbereitet.

 

kettf.jpgZur Herstellung eines Gewebes sind mindestens zwei Fadensysteme erforderlich, welche durch rechtwinklige Verkreuzung zu einer textilen Fläche verbunden werden. Das eine Fadensystem, die Kette, verläuft dabei in Längsrichtungdurch die Ware und seine Fäden bilden ein Fach, in das das zweite Fadensystem, der Schuss in Querrichtung eingetragen wird.

 

 

 

 

 

 

 

weberi.pngWeberei: Der Webstuhl steuert die Kettfäden durch Heben und Senken mittels der Schäfte oder des Harnisch und der Litzen (Arbeits- und Kontrollelemente beim Webvorgang). Der Schussfaden wird durch das offene Fach geführt. So entstehen die Verkreuzungen der Kett- und Schussfäden (Bindungen) und dadurch entsteht das Gewebe. Durch bestimmte Bindungsanordnungen der Fäden ergeben sich unterschiedliche Muster. Zwei grundlegende Arten von Geweben werden unterschieden: Schaftgewebe (für graphische, geradlinige Muster) und Jacquard-Gewebe (für runde Formen und Phantasiemuster wie z. B. Paisley).
Entsteht beim Webprozess eine Fläche so spricht man von Flachgewebe z. B. Geschirrtücher. Bei Frottier handelt es sich um Schlingenware, die durch Verwendung von zwei Kettsystemen (Flor- und Grundkette) entsteht.

 

 

ausruest.pngWenn das Gewebe fertiggestellt ist, wird es von der Maschine abgenommen und auf Warenbäume gewickelt. Die abgetafelte Rohware kommt jetzt in die Ausrüstung. Hier wird sie gefärbt oder ausgewaschen (bei Frottier spricht man auch von walken, deshalb Walkfrottier). Ausser Walkfrottier gibt es übrigens noch weitere Frottierarten wie z.B. Zwirnflor(gezwirnte Florkette), Velours (aufgeschnittene Frottierschlingen, ein- oder beidseitig) sowie Chenille (durch Schuss gebildetes, samtartiges Gewebe).




Durch den Waschvorgang wird auch das Schlichtemittel entfernt. Die Ware wird daraufhin getrocknet, gespannt und längsgesäumt. Die einzelnen Tücher der Laufmeterware werden voneinander getrennt und quergesäumt. Ausserdem wird das Aufhängeband eingenäht. Die fertigen Tücher werden in die Legerei gebracht und entsprechend den Verpackungsvorgaben zusammengefaltet und in Folie verschweisst. Auch wenn sich die europäische Textilindustrie gegenüber der asiatischen Konkurrenz schwertut, sie gibt es heute noch – und sie liefert erheblich bessere Qualität!

(Anmerkung des Autors: Der Text ist für den Endverbraucher gedacht – kein Fachbeitrag – von Ricarda Ross)